Teil 9: Welche Übungen? [Selektion]

~2900 Wörter; 9-12 Minuten Lesezeit.

Autor: Lukas Buschkühl

Zusammenfassung

  • Jede Übung bei der du zwischen 3 und 20 Wiederholungen mit T1-3 schaffst, ist geeignet, um Kraft und Muskulatur aufzubauen. Ob du mit der Langhantel, Kurzhantel, Kettlebell, dem eigenen Körpergewicht oder Steinen trainierst ist egal.
  • Eine gute Übung bringt dich effektiv an dein Ziel und macht dir Spaß.
  • Die vier Grundbewegungsmuster des Körpers sind Beugen, Heben, Drücken und Ziehen. Dein Trainingsplan sollte wöchentlich mindestens eine Übung jedes Grundbewegungsmusters enthalten.
  • Mehrgelenkige Übungen sollten den Großteil deines Plans ausmachen. Isolationsübungen können zusätzliche Akzente setzen.
  • Diskussionen darüber, ob der Highbar oder Lowbar Squat "besser" ist oder ob Sumo Kreuzheben eine legitime Übung ist, sind für 95% aller Lifter irrelevant.
  • Technisch komplexe Übungen, die mentalen Fokus erfordern, sollten zu Beginn des Trainings ausgeführt werden.

Muss es unbedingt die Langhantel sein?

Dieser Guide ist auf langhanteltrainer.de veröffentlich. Das legt die Vermutung nahe, dass der Autor voreingenommen ist und Langhantelübungen für das Nonplusultra im Krafttraining hält. Tatsächlich sind viele Kraftsport-Communities voreingenommen davon überzeugt, dass ihre eigene Trainingsmethode die beste ist. Solche Ansichten sind aus wissenschaftlicher Sicht nicht haltbar.

 

Solange die Anzahl effektiver Sätze gleich bleibt, liefern alle Übungen mit allen Werkzeugen die gleichen Effekte für Kraft- und Muskelaufbau. [1] Egal, ob du mit der Langhantel, Maschinen, dem eigenen Körpergewicht oder Steinen und Baumstämmen trainierst. Solange das Werkzeug schwer genug ist, dass du beim jeweiligen Bewegungsmuster weniger als 20 Wiederholungen mit T1-3 schaffst und leicht genug, dass du mehr als drei Wiederholungen mit T1-3 schaffst.

 

Der Vorteil der Langhantel ist, dass sie sehr vielseitig einsetzbar ist und das Gewicht fein dosiert werden kann. Du kannst mit der Langhantel alle Grundbewegungsmuster trainieren und die Belastung dabei stets so anpassen, dass du in jedem beliebigen Wiederholungsbereich mit T1-3 trainierst.

 

Durch diese Eigenschaften ist die Langhantel das einzige Instrument, mit dem du selbst auf einer sechs Quadratmeter großen Fläche in deiner Garage auf Wettkampfniveau trainieren kannst. Wenn du in einem Gym trainierst, in dem viele unterschiedliche Trainingswerkzeuge zur Verfügung stehen, ist es durchaus sinnvoll, diese zu nutzen.

 

Die Langhantel kann zwar für jedes Grundbewegungsmuster mit Ausnahme der vertikalen Zugbewegung (zB Klimmzug) genutzt werden, ist aber nicht für jede Bewegung optimal geeignet. Dazu mehr im Abschnitt 

Was macht eine Übung zu einer guten oder schlechten Übung?

Eine 'gute Übung' ist eine Übung, die dich nachhaltig an dein Ziel bringt. Dafür muss sie effektiv sein und Spaß machen.

Effektitivät

Eine Übung ist effektiv, wenn sie

  • geeignet ist, dein Ziel zu erreichen. Das heißt, diejenigen Muskelgruppen aufzubauen, die du aufbauen willst und deine Kraft in dem Bewegungsmuster zu erhöhen, das du stärken willst.
  • mit einem ausreichenden Volumen ausgeführt wird, das die ausreichende Dosis Erschöpfung erzeugt, die zu einer Anpassung deines Körpers führt.

Das ist soweit recht simpel. Wenn du Brust-, Trizeps- und vordere Schultermuskulatur aufbauen willst, dann sind Bankdrücken, Überkopfdrücken und deren Variationen effektive Übungen.

 

Wenn dein Körper bereits an acht effektive Sätze des Drückbewegungsmusters pro Woche gewöhnt ist, ist es nicht mehr effektiv weiterhin acht Sätze pro Woche zu trainieren. Vorausgesetzt, dein Ziel ist es, Fortschritte zu machen.

 

Wenn dein Ziel der bloße Erhalt dessen ist, was du dir bereits erarbeitet hast, sind acht Sätze pro Woche für dich effektiv.

Spaß

Was dir Spaß macht und was nicht ist individuell. Der für langfristigen Erfolg im Training entscheidende Punkt ist, dass du auf eine Art und Weise trainierst, die dir Spaß macht. Hier gibt es wirklich nur einen entscheidenden Punkt: Den Spaß nie komplett aus den Augen verlieren.

 

Natürlich gibt es immer mal wieder Tage oder auch mal ein oder zwei Wochen, an denen man überhaupt keine Lust auf Training hat. Da gilt es, sich auch einfach mal diszipliniert durchzubeißen, um in der Gewohnheit zu bleiben.

 

Wenn du aber über Monate keine Lust auf dein Training hast, dann solltest du dich damit auseinandersetzen, welche Aspekte deines Trainingsplans dir den Spaß verderben und deine Routine entsprechend verändern. Ansonsten brennst du aus und hörst eventuell ganz mit dem Training auf.

 

Nachfolgend die häufigsten Gründe für Demotivation. Geh diese Checkliste durch, wenn du seit zu langer Zeit zu wenig Lust auf dein Training hast:

  • Ist das Anstrengungslevel zu hoch? Hast du regelmäßig Angst vor sehr schweren Sätzen in deinem Training? Schau, ob du wirklich noch bei T2 bist oder nicht schon bei T1 oder T0 und verringere die Anstrengung konsequent auf T3+
  • Ist die Übungsauswahl passend? Hast du ständig das Gefühl, Übungen machen zu müssen, die du nicht magst? Gibt es alternative Übungen für das gleiche Bewegungsmuster, die dir mehr Spaß machen? Wechsel beispielsweise von Bankdrücken 3x8 zu Push Up auf Griffen und mit erhöhten Füßen 3xT1
  • Ist dein Training eintönig? Hättest du mit mehr Variation in deinen Übungen oder einem periodisierten Trainingsplan mit unterschiedlichen Phasen mehr Spaß? Wechsel beispielsweise von 5x5 Kniebeuge zu 2x5 Kniebeuge, 2x7 Frontkniebeuge, 1x10 Ausfallschrittkniebeuge und schau, ob dir das mehr Spaß macht. 
  • Ist das Volumen zu hoch? Trainierst du zur Zeit viel mehr, als es dir Spaß macht? Probiere, dein Trainingsvolumen für ein paar Wochen um 50% zu reduzieren. Du wirst überrascht sein, wie viel Leistung du mit so viel weniger Volumen halten kannst, wenn du zu lange zu viel trainiert hast. Wenn du nach ein paar Wochen wieder Lust hast, mehr zu trainieren, kannst du das Volumen wieder rauf fahren. Ansonsten bleibst du vorerst bei dem verringerten Aufwand.

Die vier Grundbewegungsmuster

Der menschliche Körper kennt vier große, mehrgelenkige Bewegungsmuster:

  • Beugen (Kniestrecken)
  • Heben (Hüftstrecken)
  • Drücken (Ellenbogen vor dem Körper strecken)
  • Ziehen (Ellenbogen hinter dem Körper beugen)

Beugen

Highbar Kniebeuge

Lowbar Kniebeuge

Frontkniebeuge

Ausfallschrittkniebeuge

Drücken

Überkopfdrücken

Bankdrücken

Liegestütz

Incline Bankdrücken

Heben

Kreuzheben (Sumo und Konventionell)

Rumänisches Kreuzheben

Hyperextensions

Glute Ham Raise

Ziehen

Klimmzug oder Latzug (Untergriff, Obergriff, Neutralgriff)

Langhantelrudern

Seal Row

Kurzhantelrudern


Um deinen gesamten Körper zu trainieren sollte pro Woche mindestens eine Übung jedes Grundbewegungsmusters in deinem Plan stehen.

 

Die Grundbewegungsmuster Drücken und Ziehen verbessern sich weitgehend unabhängig voneinander und stagnieren auch unabhängig voneinander. Das bedeutet, dass zusätzliches Volumen im Bankdrücken sich nicht nennenswert erschöpfend auf deine Klimmzüge auswirkt.

 

Heben und Beugen sind recht ähnliche Bewegungen und beeinträchtigen sich gegenseitig. Beim Kreuzheben streckst du zwar hauptsächlich die Hüfte aber immer auch das Knie. Bei der Kniebeuge streckst du hauptsächlich das Knie aber immer auch die Hüfte. Dementsprechend wirst du zu deinem Plan hinzugefügte Sätze Kniebeuge auch beim Kreuzheben merken.

 

Notwendig wird die Erhöhung deines Wochenvolumens erst dann, wenn du in einem Bewegungsmuster stagnierst und nur für dasjenige Bewegungsmuster, das stagniert. Wenn deine Kniebeuge stagniert, reicht es, wenn du ein bis zwei Arbeitssätze pro Woche für das Beugemuster hinzufügst. Es ist nicht sinnvoll, direkt auch das Volumen aller anderen Bewegungsmuster zu erhöhen.

 

Mehrgelenkige Übungen vs Isolationsübungen

Während es bei der Effektivität darum geht, ob du deinem Ziel mit einer Übung näher kommst, geht es bei der Effizienz darum, dass du deinem Ziel mit möglichst wenig Aufwand an Zeit und Energie näher kommst.

 

Dabei kann es im Training aber per Definition nie um einen möglichst geringen Aufwand an Energie gehen. Deine Energie musst du zwangsläufig verbrauchen, um Erschöpfung zu generieren. Bei Effizienz im Training geht es immer nur darum, in welcher Zeit du die notwendige Dosis an Erschöpfung generierst. Du kannst keine Energie sparen aber du kannst Zeit sparen.


Wenn du effektive Sätze trainierst ist deine Übungsauswahl maßgeblich entscheidend dafür, wie viele Arbeitssätze du benötigst, um mit möglichst wenig Zeitaufwand die notwendige Dosis an Erschöpfung zu erzeugen.

 

Isolationsübungen wie Trizepsdrücken trainieren pro Satz weniger Muskulatur und erzeugen dadurch pro Satz weniger Erschöpfung als mehrgelenkige Übungen wie Bankdrücken. Du brauchst mit Isolationsübungen mehr Sätze und mehr Zeit, um ausreichend viel Erschöpfung zu erzeugen.

 

Beim Bankdrücken trainierst du Trizeps, Brust und vordere Schulter gleichzeitig. Wenn du die drei Muskeln isoliert trainierst, musst du jeweils einen Satz für jeden dieser drei Muskel machen, um in etwa die gleiche Erschöpfung zu erzeugen, die du mit einem Satz Bankdrücken erzeugst.

 

Die mehrgelenkigen Grundübungen Beugen. Heben, Ziehen und Drücken sind effizienter als eingelenkige Isolationsübungen wie Trizepsdrücken oder Außenrotation. Das heißt allerdings nicht, dass Isolationsübungen nutzlos sind.

 

Esoterische Behauptungen wie: »Der menschliche Körper will immer als Ganzes bewegt werden. Isolationsübungen sind unnatürlich und deshalb nutzlos.«, sind im Internet zwar weit verbreitet, aus wissenschaftlicher Sicht aber nicht haltbar. [2]


Isolationsübungen sind in deinem Plan dann sinnvoll, wenn du genug Zeit in dein Training investieren kannst, dass du nach den mehrgelenkigen Grundübungen mit Hilfe von Isolationsübungen zusätzliche Akzente setzen kannst.

 

Jede Muskelkette hat ein stärkstes und ein schwächstes Glied. Nehmen wir an, beim Bankdrücken ist dein Trizeps das schwächste Glied und deine Brust das stärkste Glied. Wenn du fünf Wiederholungen mit T0 machst, dann liegt das Anstrengungslevel für deinen Trizeps bei T0, während deine Brust noch vier Wiederholungen hätte machen können (T4).

 

Da der Trizeps und die vordere Schulter erschöpft sind, kannst du den Ellenbogen nicht mehr strecken und daher die Übung nicht mehr weiter ausführen, obwohl dein Brustmuskel noch nicht vollständig erschöpft ist. In so einem Fall ist es:

  • Für den Aufbau der Brustmuskulatur sinnvoll, diese zusätzlich isoliert zu trainieren, da sie beim Bankdrücken nie vollständig erschöpft.
  • Für den Kraftaufbau des Bewegungsmusters Drücken sinnvoll, sowohl Brust als auch Trizeps zusätzlich isoliert zu trainieren, um mehr Erschöpfung und dadurch einen zusätzlichen Trainingsreiz zu erzeugen.
  • Wenn der Unterschied zwischen einer starken Brust und einem weniger starken Trizeps dich optisch stört, wäre die Empfehlung ebenfalls, den Trizeps zusätzlich isoliert zu trainieren, um dort weiteren Muskelaufbau zu erzeugen, wodurch sich die beiden Muskeln angleichen würden.

Freie Gewichte vs Maschinentraining

Training an Maschinen ist in Hinblick auf Kraft- und Muskelaufbau nachweislich genau so effektiv wie Training mit freien Gewichten. [3] Das ist nicht verwunderlich, da an Geräten alle möglichen Bewegungsmuster ausgeführt werden können und zwar durch das einstellbare Gewicht so schwer, dass 3 bis 20 Wiederholungen mit T1-3 möglich sind.

Trotzdem gibt es zwischen Gerätetraining und Freihanteltraining einen entscheidenden Unterschied für deine Gesamtfitness. Zur Fitness insgesamt zählen nicht nur deine Kraft- und Ausdauerleistungsfähigkeit sondern auch deine Koordination.

 

Insbesondere deine Fähigkeit, das Gleichgewicht zu halten und Gewichte kontrolliert frei im Raum zu bewegen, werden nur beim Freihanteltraining verbessert.

 

Training an Maschinen hat in etwa die gleichen Effekte für die Gesundheit wie Training mit freien Gewichten. [4Wenn du deine Kraft aber auch funktionell im Alltag anwenden können möchtest, hast du diesen Übertrag nur durch Training mit freien Gewichten. 

Training mit dem eigenen Körpergewicht

Training mit eigenem Körpergewicht ist für Kraft- und Muskelaufbau fast genau so effektiv wie Training mit freien Gewichten. Der Unterschied liegt darin, dass es nur sehr schwer möglich ist, allein mit dem eigenen Körpergewicht die Beinmuskulatur und die damit verbundene Kraft der Beuge- und Hebebewegungsmuster auf ein gehobenes Leistungsniveau aufzubauen.

 

Da beim Training mit dem eigenen Körpergewicht kein Zusatzgewicht benutzt wird, muss mit flexiblen Wiederholungszahlen gearbeitet werden:

  • Wenn du beispielsweise drei Liegestütz von den Füßen schaffst, würdest du dich über deine Trainingswochen zunächst auf 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, bi schließlich 12 Wiederholungen steigern.
  • Sobald du bei 12 Wiederholungen angekommen bist, könntest du erhöhte Liegestützgriffe benutzen und die Füße erhöht aufstellen. Da die Übung nun deutlich schwerer ist würdest du auf 3-5 Wiederholungen zurückfallen und von dort wieder die Wiederholungen steigern.

Der Grund dafür ist, dass du beim Training mit den eigenen Körpergewicht nicht in kleinen, stetigen Schritten das Gewicht steigern kannst. Der nächste Schritt, hin von einer Übung zur nächst schwierigeren Übung, ist im Training mit dem eigenen Körpergewicht einfach zu groß.

 

Wenn du beispielsweise von Liegestütz von den Knien zu Liegestütz von den Füßen wechselst, ist das vergleichbar mit einer Steigerungen im Bankdrücken von 40 kg auf 65 kg. Hilfsweise steigerst du dich also in den Wiederholungen, bis du 12-15 Wiederholungen erreichst und wechselst dann zur nächstschwierigeren Übung.

Effektive Übungen

Nicht jedes Bewegungsmuster lässt sich mit dem eigenen Körpergewicht optimal trainieren. Hier die gut geeigneten Bewegungsmuster:

  • Der Liegestütz ist eine sehr gute Übung für das horizontale Drückbewegungsmuster, weil sie sich durch die Position der Füße/Knie so leicht und schwer dosieren lässt, dass 3-15 Wiederholungen mit T1-2 möglich sind mit Hilfe von Liegestützgriffen einen sehr großen Bewegungsradius hat. Das Gleiche gilt für Dips.
  • Der Klimmzug ist eine sehr gute Übung für das vertikale Zugbewegungsmuster, weil sie einen sehr großen Bewegungsradius hat und mit Hilfe einer Klimmzugstange und Unterstützungsbändern so leicht und schwer dosieren lässt, dass 3-15 Wiederholungen mit T1-2 möglich sind.
  • Der Ruderzug mit Hilfe eines Schlingentrainers ist eine sehr gute Übung für das horizontale Zugbewegungsmuster, weil sie einen sehr großen Bewegungsradius hat und sich allein durch die Entfernung der Füße zum Befestigungspunkt des Schlingentrainers so leicht und schwer dosieren lässt, dass 3-15 Wiederholungen mit T1-2 möglich sind.
  • Für die Rumpfmuskulatur gibt es eine riesige Auswahl unterschiedlicher Bodenübungen, die mit Hilfe einer Matte ausgeführt werden können. Es ist für jeden Lifter möglich, eine Version zu finden, bei der 3-15 Wiederholungen mit T1-2 möglich sind.

Sehr strikt betrachtet werden diese Übungen nicht allein mit dem eigenen Körpergewicht ausgeführt, da Hilfsmittel benutzt werden, die die Übungen erst ermöglichen oder viel effektiver machen. Der Unterschied zu Geräte und Freihanteltraining ist hier aber, dass die Hilfsmittel nicht das Trainingsgewicht stellen müssen und deshalb so klein und leicht sind, dass sie in einen Rucksack passen und selbst auf längere Reisen mitgenommen werden können.

Ineffektive Übungen

Die folgenden Bewegungsmuster lassen sich mit dem eigenen Körpergewicht und minimalen Hilfsmitteln nur schlecht trainieren:

  • Das Beugebewegungsmuster ist ohne zusätzliches Gewicht eher schlecht trainierbar. Übungen, die hier noch halbwegs funktionieren sind Bulgarian Split Squat und die einbeinige Kniebeuge. Beide Übungen haben einen großen Bewegungsradius. Allerdings wirst du bei Bulgarian Split Squats sehr schnell mehr als 15 Wiederholungen mit T2-3 schaffen während für die meisten Lifter drei Wiederholungen der einbeinigen Kniebeuge schon eine Herausforderung sind.
  • Das Hebebewegungsmuster ist ohne zusätzliches Gewicht überhaupt nicht trainierbar. Für dieses Bewegungsmuster brauchst du schlichtweg einen äußeren Widerstand und zwar den höchsten Widerstand aller Bewegungsmuster. 70 kg im Bankdrücken ist in etwa äquivalent zu 100 kg in der Kniebeuge und 115 kg im Kreuzheben. Während sich Beugebewegungen schwerer machen lassen ist das bei Hebebewegungen nicht wirklich möglich. Das bedeutet übrigens, dass die meisten Lifter das Hebebewegungsmuster auch dann nicht trainieren können, wenn sie in ihrer Garage eine Stange 60 kg Gewichte zur Verfügung haben.
  • Das vertikale Drückbewegungsmuster ist ohne zusätzliches Gewicht eher schlecht trainierbar. Während Überkopfdrücken mit der Langhantel oder Kurzhanteln eine hervorragende Übung ist, ist der Headstand Push Up eine der schlechtesten Übungen überhaupt. Wenngleich diese Übung beeindruckend aussieht, hat sie einen sehr geringen Bewegungsradius. Beim Headstand Push Up ist der Kopf im Weg, so dass der Bewegungsradius im Vergleich zum Überkopfdrücken mehr als halbiert ist. Während das Handgelenk beim Überkopfdrücken stabil gehalten werden kann, ist es beim Handstand Push Up abgeknickt, was die Belastung dieses ohnehin relativ instabilen Gelenks stark erhöht.

Highbar oder Lowbar?

In vermeintlichen Fachkreisen wird gern und viel und lange und immer und immer wieder darüber gestritten, ob die Kniebeuge mit der niedrigen Hantelablage auf dem Rücken (Lowbar) oder die Kniebeuge mit der hohen Ablage (Highbar) 'besser' ist.

 

Noch mehr wird darüber gestritten, ob konventionelles Kreuzheben oder Sumo Kreuzheben 'besser' ist. Oder noch radikaler: Ob Sumo Kreuzheben als Übung überhaupt 'in Ordnung' ist.

 

 

Das Hauptargument ist in beiden Diskussionen der Bewegungsradius. Der Highbar Squat und der Conventional Deadlift haben jeweils einen höheren Bewegungsradius als der Lowbar Squat und der Sumo Deadlift.

 

Wandelt man den Kernstreitpunkt in der Deadlift Debatte in Zahlen um, wird offensichtlich, wie irrelevant dieser Unterschied im Bewegungsradius eigentlich ist. Bei einer Körpergröße von 185 cm hebe ich die Stange beim konventionellen Kreuzheben um 59 cm an, während ich sie beim Sumo Kreuzheben um 56 cm anhebe. Das ist ein Unterschied von 3 cm, beziehungsweise 5 Prozent.

 

Für wettkampforientierte Powerlifter können so kleine Unterschiede durchaus interessant sein. Für alle anderen Lifter kommt es auf ganz andere Punkte an:

  • Welche Variation macht dir mehr Spaß und sorgt dafür, dass du motivierter und häufiger trainierst und über deine Trainingsmonate betrachtet mehr Arbeitssätze machst?
  • Wie viel Abwechslung möchtest du in deinem Training haben? Warum nicht beide Versionen im Wechsel trainieren?
  • Hast du mit einer Version Probleme, die deiner Physiologie geschuldet sind? Es gibt beispielsweise Lifter, denen die Stange bei der Highbar Kniebeuge in einen Halswirbel drückt. In so einem Fall wäre der Lowbar Squat viel angenehmer. Umgekehrt gibt es Lifter, denen die nötige Schultermobilität für den Lowbar Squat fehlt, oder deren Oberschenkel im Verhältnis zum Oberkörper so lang ist, dass sie mit dem Lowbar Squat nicht tief beugen können. Solange du kein Powerlifter bist, gibt es absolut keinen Grund, dich mit einer für dich unangenehmen Version einer Übung zu quälen, wenn eine andere Version besser passt.

Reihenfolge der Übungen im Trainingsplan

Wie du die Übungen in einem Trainingsplan anordnest ist für deinen Gesamterfolg im Training nicht besonders entscheidend.

Hier gibt es nur einen Punkt zu beachten: Zu Beginn des Trainings bist du mental und körperlich weniger erschöpft als am Ende des Trainings.

 

Daraus folgt:

  • Übungen die für dich technisch (noch) schwierig sind, solltest du an den Anfang des Trainings setzen.
  • Komplexe, mehrgelenkige Übungen sollten vor simpleren, Isolationsübungen ausgeführt werden.
  • Explosive Übungen wie die olympischen Lifts sollten zu Beginn des Trainings ausgeführt werden.
  • Hochintensive Sätze mit 1-5 Wiederholungen sollten vor niedrigintensiven Sätzen mit 6-15 Wiederholungen ausgeführt werden.

 

Außerdem können alternierende Sätze eine sehr gute Methode sein, um im Training Zeit zu sparen. Dafür lohnt es sich, Übungen die jeweils gegenüberliegende Muskelpartien trainieren, im Trainingsplan ineinander zu schachteln. Dazu mehr im nächsten Teil des Guides.

Quellen

[1] Rossi et al., Strength, Body Composition, and Functional Outcomes in the Squat Versus Leg Press Exercises. J Sports Med Phys Fitness. 2018 Mar;58(3):263-270.

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/27735888

 

[2Gentil et al., Single vs. Multi-Joint Resistance Exercises: Effects on Muscle Strength and Hypertrophy. Asian J Sports Med. 2015 Jun; 6(2): e24057.
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4592763/

 

[3Schwanbeck et al., Effects of Training With Free Weights Versus Machines on Muscle Mass, Strength, Free Testosterone, and Free Cortisol Levels. J Strength Cond Res 2020 Jul;34(7):1851-1859.
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/32358310/

 

[4] Schott et al., Effects of free weights and machine training on muscular strength in high-functioning older adults. Exp Gerontol. 2019 Jul 15;122:15-24.

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30980922/