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Autor: Lukas Buschkühl
Nach einem Ganzkörper Trainingsplan zu trainieren bedeutet, dass du in jeder Trainingseinheit deinen gesamten Körper trainierst, anstatt dein Training in Muskelgruppen aufzuteilen.
Der Ganzkörpertrainingsplan hat für Einsteiger zwei Vorteile:
Grundsätzlich funktioniert Ganzkörpertraining für Männer und Frauen sowie für alt und jung und Menschen aller Proportionen und Körpertypen gleichermaßen. Diese Art der Trainingsplanung eignet sich nicht nur für Einsteiger, sondern auch für Fortgeschrittene und Profis. Im nächsten Abschnitt erfährst du, weshalb du auch als Fortgeschrittener dein Training entgegen weit verbreiteter Ansichten nicht splitten musst.
Die weiter unten aufgelisteten Beispielpläne sind für Einsteiger und leicht Fortgeschrittene konzipiert. Wenn du bereits weit fortgeschritten bist und dich über viele Jahre verbessern konntest, werden dir Trainingspläne von der Stange keine weiteren Erfolge liefern können. Du benötigst entweder einen kompetenten Coach oder musst dir das nötige Wissen über intelligentes und zielführendes Stressmanagement im Training selbst aneignen.
»Zwischen zwei Trainingseinheiten sollst du immer mindestens einen Tag Pause machen.«
– HERKULES oder PLATON
Die weit verbreitete Ansicht, dass deine Muskelgruppen nach jedem Training eine Erholungspause brauchen, basiert auf keiner wissenschaftlichen Grundlage und schränkt deine Trainingsplanung unnötig ein.
Das inzwischen überholte General Adaptation Syndrom Modell nahm an, dass der menschliche Körper sich nach einem Trainingsreiz nur während einer Erholungsphase ohne weitere Reize innerhalb dieser Phase anpassen kann. Inzwischen wissen wir, dass unser Körper zu weitaus mehr in der Lage ist. [1]
Wie häufig du pro Woche trainieren solltest ist ein viel diskutiertes Thema, das in der Praxis völlig unwichtig ist. Schoenfeld et al. analysierten die Effekte unterschiedlicher Trainingsfrequenzen auf den Muskelaufbau, während Ralston et al. die Effekte auf Kraftsteigerungen untersuchten. [2, 3] Beide Teams fanden heraus, dass die Trainingsfrequenz keine Rolle spielt, solange Volumen, also die innerhalb einer Woche trainierten Sätze, und Trainingsgewicht gleich bleiben. Entscheidend ist hingegen, wie viele Sätze du pro Woche trainierst. [4, 5]
Das heißt für deine Trainingsplanung: Ob du drei Mal pro Woche jeweils drei Sätze Kniebeuge mit fünf Wiederholungen und 100 kg Gewicht trainierst, oder ob du stattdessen ein mal die Woche neun Sätze mit fünf Wiederholungen und 100 kg Gewicht trainierst, macht für deinen Erfolg überhaupt keinen Unterschied. Relevant ist nur, welche der beiden Optionen besser mit deiner wöchentlichen Zeitplanung vereinbar ist und dir persönlich mehr Spaß macht.
In allen drei Beispielplänen werden zwei unterschiedliche Workouts abwechselnd ausgeführt. Beide Workouts trainieren jeweils deinen gesamten Körper.
2x pro Woche: Montag Workout 1 und Donnerstag Workout 2
3x pro Woche: Montag Workout 1, Mittwoch Workout 2, Freitag Workout 1, Montag Workout 2
4x pro Woche: Montag Workout 1, Dienstag Workout 2, Donnerstag Workout 1, Freitag Workout 2
Entscheidend ist nicht wie häufig du trainierst, sondern wie viele Sätze du über die Woche gesehen trainierst. Wenn du als Einsteiger vier mal die Woche trainieren willst, empfiehlt es sich, nur ein bis zwei statt drei Sätze pro Übung zu trainieren. Deine Workouts werden dadurch sehr kurz, was von Vorteil ist, wenn du zusätzlich Ausdauer- oder sportspezifisches Training machen möchtest.
Workout 1
Kniebeuge 3x5
Bankdrücken 3x5
Klimmzug oder Latzug im Obergriff 3x7
Workout 2
Kreuzheben 3x5
Schulterdrücken 3x5
Klimmzug oder Latzug im Untergriff 3x7
Workout 1
Kniebeuge 2x5
Bankdrücken 3x5
Klimmzug oder Latzug im Obergriff 3x7
Sitzendes Schulterdrücken 2x7
Workout 2
Kreuzheben 2x5
Schulterdrücken 3x5
Klimmzug oder Latzug im Untergriff 3x7
Incline Bankdrücken 2x7
Workout 1
Kniebeuge 3x5
Bankdrücken 3x5
Hip Thrust 3x7
Workout 2
Kreuzheben 3x5
Schulterdrücken 3x5
Ausfallschrittkniebeuge 3x7
Grundsätzlich funktionieren alle Wiederholungsbereiche zwischen 3 und 20 Wiederholungen, um Muskulatur aufzubauen. Für gezielte Kraftsteigerung sind allerdings niedrigere Wiederholungsbereiche zwischen drei und fünf Wiederholungen besser geeignet. [6, 7]
Fünf Wiederholungen in den komplexen Grundübungen eignen sich für Einsteiger sehr gut. Zum einen, da fünf Wiederholungen sowohl Kraft- als auch Muskelaufbau erzeugen und zum anderen, weil die Belastungszeit so kurz ist, dass die volle Konzentration auf die Ausführung auch bei der letzten Wiederholung noch gegeben ist.
Was die Anzahl der Sätze angeht empfiehlt es sich, mit dem Beispielplan anzufangen und über mehrere Wochen zu dokumentieren, wie dieses Volumen für dich funktioniert. Grobe Anhaltspunkte: Wenn du keine Fortschritte machst, machst du zu wenig Sätze. Wenn du nach jedem Training sehr erschöpft bist und schon beim Aufwärmen alles weh tut, machst du zu viele Sätze.
Kurze Pausenlängen von unter zwei Minuten haben sich für herkömmliches Training als ineffektiv erwiesen. [8]
Wenn du hingegen nach jedem Satz über drei Minuten Pause brauchst, um alle Wiederholungen des nächsten Satzes mit sauberer Technik bewältigen zu können, ist das ein Hinweis darauf, dass du entweder mit zu viel Gewicht trainierst oder deine Ausdauerleistungsfähigkeit zu wünschen übrig lässt. In beiden Fällen solltest du das Arbeitsgewicht reduzieren.
Als Daumenregel gilt eine Pause von zwei bis drei Minuten zwischen deinen Sätzen.
Zwischen deinen Aufwärmsätzen benötigst du keine Pause, da diese keine Erschöpfung erzeugen sollten, sondern nur der körperlichen und mentalen Vorbereitung dienen.
Wenn du noch ganz am Anfang stehst, beginnst du mit der leeren Stange für fünf Wiederholungen. Wenn du merkst, dass du noch mindestens zwei saubere Wiederholungen hättest machen können, steigerst du das Gewicht. Dafür empfehlen sich kleine Schritte von 2,5 bis maximal 10 kg. Sobald du bei einem Satz angelangst, an dessen Ende du gefühlt nur noch eine oder keine saubere Wiederholung hättest machen können, beendest du die Übung. Für die nächste Übung gilt das gleiche Schema.
Beachte, dass du in dieser Trainingseinheit nicht drei Sätze mit dem ermittelten Gewicht machst, sondern nur einen Einzigen. Grund dafür ist, dass du durch die kleinen Steigerungen schon sehr viele Sätze gemacht hast. Als Einsteiger ist das bereits mehr als genug, um einen Muskelkater zu bekommen. Muskelkater ist nie das Ziel des Trainings sondern immer ein Zeichen dafür, dass du zu viel gemacht hast. Zu viel Erschöpfung liefert schlechtere Ergebnisse für Kraft- und Muskelaufbau als die optimale Dosis.
Wenn du am Ende des letzten Satzes einer Übung noch gefühlt zwei oder drei saubere Wiederholungen hättest machen können, ist es Zeit, dass Gewicht zu steigern.
Wenn du am Ende des letzten Satzes einer Übung gefühlt sehr nah am Muskelversagen warst, solltest du für diese Übung das Gewicht zum nächsten Training wiederholen und nicht steigern.
Wenn du nicht mehr alle Wiederholungen des letzten Satzes einer Übung mit sauberer Technik geschafft hast, solltest du das Gewicht zum nächsten Training verringern.
Die Steigerung sollte in möglichst kleinen Schritten von maximal 5 kg, besser 2,5 kg erfolgen. Dein Körper passt sich in kleinen aber stetigen Schritten. Wenn du zu ungeduldig bist und diese kleinen Schritte überspringen willst, wirst du immer wieder Rückschritte machen müssen.
Ganzkörpertraining birgt keine anderen Risiken und Hürden als andere Trainingsmethoden. Die Verletzungsrate im Kraftsport gehört seit je her zu den geringsten aller Sportarten weltweit. [9]
Eines der häufigsten Probleme im Training ist ausbleibender Erfolg. Das ist entweder auf Unter- oder Überlastung zurückzuführen und ein klarer Indikator mangelhafter Trainingsplanung. In so einem Fall kannst du versuchen, die Probleme auf eigene Faust zu lösen oder dir die professionelle Unterstützung eines Coachs suchen.
Es gibt keinen Grund, etwas an deinem Plan zu ändern, solange du in allen Übungen von Woche zu Woche oder später von Monat zu Monat Fortschritte machst. Einer der häufigsten Fehler im Kraftsport ist, direkt zu einem völlig anderen Plan zu wechseln, sobald du in einer oder mehreren Übungen stagnierst. Nötig sind in so einem Fall lediglich kleine Änderungen an deinem bestehenden Plan.
Wenn dein Trainingsplan über längere Zeit für dich funktioniert hat und Ergebnisse geliefert hat, dann gibt es einen ganz bestimmten Grund dafür, dass der Plan jetzt nicht mehr funktioniert: Du hast dich verändert. Dein Trainingsplan hat sich aber nicht verändert und erzeugt nun nicht mehr genug Belastung, um weitere Anpassungen deines Körpers erforderlich zu machen.
Solange sich dein Körper nicht radikal verändert hat, ergibt es auch keinen Sinn, deinen Plan radikal zu verändern. Welche Änderungen du vornehmen musst, um wieder Fortschritte zu machen, erfährst du im abschließenden Guide zum Thema Trainingsplanung.
Viel Erfolg!
[1] Buckner, Mouser, Dankel, Jessee, Mattocks, Loenneke (2017). The General Adaptation Syndrome: Potential misapplications to resistance exercise. J. S. Med. Sport, Vol. 20(11), S. 1015-1017.
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1440244017303468
[2] Schoenfeld, Grgic, Krieger (2018). How many times per week should a muscle be trained to maximize muscle hypertrophy? A systematic review and meta-analysis of studies examining the effects of resistance training frequency. J. Sports Sci., Vol. 37(11), S.1286-1295.
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/30558493
[3] Ralston, Kilgore, Wyatt, Buchan, Baker (2018). Weekly Training Frequency Effects on Strength Gain: A Meta-Analysis. Sports Med Open., Vol. 4(36).
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6081873
[4] Ralston, Kilgore, Wyatt, Baker (2017). The Effect of Weekly Set Volume on Strength Gain: A Meta-Analysis. Sports Med., Vol. 47(12), S. 2585-2601.
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/28755103
[5] Schoenfeld, Ogborn, Krieger (2017). Dose-response relationship between weekly resistance training volume and increases in muscle mass: A systematic review and meta-analysis. J. Sports Sci., Vol. 35(11), S. 1073-1082.
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/27433992
[6] Schoenfeld, Grgic, Ogborn, Krieger (2017). Strength and Hypertrophy Adaptations Between Low- vs. High-Load Resistance Training: A Systematic Review and Meta-analysis. J. Strength Cond. Res., Vol. 31(12), S.3508-3523.
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/28834797
[7] Fisher, Steele, Smith (2013). Evidence-Based Resistance Training Recommendations for Muscular Hypertrophy. Med. Sportiva, Vol. 17(4), S. 217-235.
[8] Grgic, Lazinica, Mikulic, Krieger, Schoenfeld (2017). The effects of short versus long inter-set rest intervals in resistance training on measures of muscle hypertrophy: A systematic review. Eur. J. Sport Sci., Vol. 17(8), S. 983-993.
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/28641044
[9] Hamill (1994). Relative Safety of Weightlifting and Weight Training. J. Str. Cond. Res., Vol. 8(1).