Der Weg zum ersten Klimmzug: Ein Leitfaden für Einsteiger

~1000 Wörter; 4-6 Minuten Lesezeit.

Autor: Lukas Buschkühl

Du träumst davon, deinen ersten sauberen Klimmzug zu schaffen, doch die Realität sieht bislang anders aus: Du hängst an der Stange, kämpft mit aller Kraft und bewegst dich kaum nach oben. Keine Sorge, mit dem richtigen Trainingsplan und etwas Geduld wirst du diesen Meilenstein erreichen.

Zusammenfassung

  • Wenn du deinen ersten Klimmzug schaffen willst, sind (1) korrekte Technik, (2) sinnvolle Übungsauswahl, (3) die richtige Trainingsplanung sowie (4) dein Körpergewicht die entscheidenden Faktoren.
  • Du solltest die Übungen, die am wichtigsten für deinen ersten Klimmzug sind, als erstes und am meisten trainieren und andere Übungen zurückstellen.
  • Wenn du deinen Körperfettanteil senkst, werden Klimmzüge deutlich leichter.

1. Technik

1.1 Grifftechnik

Der richtige Griff ist entscheidend. Ein Pull Up (Handflächen zeigen weg vom Körper) ist am schwierigsten, daher solltest du zunächst mit dem Chin Up (Handflächen zeigen zum Körper) starten. Der Griff ist schulterbreit.

1.2 Schulterposition

Ziehe deine Schulterblätter nach hinten und unten (Depression und Retraktion). Dies stabilisiert deine Schultergelenke und bringt deinen stärksten an der Übung beteiligten Muskel, den Latissimus, in eine optimale Position für die Zugbewegung.

1.3 Full Range of Motion

Optimale Ergebnisse für Muskelwachstum erzielst du nur dann, wenn du den Klimmzug und seine Assistenzübungen über den vollständigen Bewegungsumfang ausführst. [1] Muskelwachstum ist langfristig gesehen der wichtigste Faktor für die Kraftsteigerung.

1.4 Kontrollierte exzentrische Phase

Optimale Ergebnisse für Muskelwachstum erzielst du nur dann, wenn du den Klimmzug und seine Assistenzübungen mit einer kontrollierten exzentrischen Phase ausführst. [2, 3] Diese Phase sollte mindestens 2-3 Sekunden dauern.

 

Die exzentrische Phase einer Bewegung ist die Phase, in der ein Muskel sich verlängert, während er unter Spannung steht. Dies geschieht, wenn der Muskel einer entgegenwirkenden Kraft kontrolliert nachgibt, anstatt sich aktiv zusammenzuziehen.

 

Beim Bizepscurl ist die exzentrische Phase das langsame Absenken der Hantel, bei dem sich der Ellenbogen streckt. In dieser Phase verlängert sich der Bizeps, um das Gewicht kontrolliert abzusenken.

 

Beim Klimmzug ist die exzentrische Phase das Herablassen des Körpers von der Stange Richtung Boden. In dieser Phase verlängern sich die Muskeln des oberen Rückens und der Arme.

2. Übungsauswahl

2.1 Lat Pulldown im Untergriff

Der Lat Pulldown im Untergriff ist dem Klimmzug sehr ähnlich und trainiert alle für den Klimmzug wichtigen Muskelgruppen. Der Griff sollte schulterbreit sein und deine Handflächen zu dir hin zeigen.

2.2 Negative Klimmzüge mit Pause

Beginne mit den Füßen auf einer erhöhten Plattform, beispielsweise einer Box, so dass dein Kinn zu Beginn der Übung bereits in der eigentlichen Endposition über der Stange ist.

 

Senke dich dann langsam und kontrolliert ab. Ziel dabei ist es, diese Abwärtsbewegung über 5 Sekunden, statt 2-3 Sekunden auszuführen.

 

Sobald du den unteren Punkt der Bewegung erreicht hast, in der deine Ellenbogen und Schultern vollständig gestreckt sind, pausierst du für eine Sekunde in der hängenden Position, bevor du die Stange loslässt und dich wieder in die Startposition bringst.

Die am Klimmzug beteiligten Muskeln
Die am Klimmzug beteiligten Muskeln

2.3 Vermeide Widerstandsbänder

Verwende keine Widerstandsbänder zur Unterstützung. Das Problem an Widerstandsbändern beim Klimmzug ist, dass das Widerstandsband umso mehr unterstützt, je länger es gestreckt ist. Beim Klimmzug ist das im unteren Teil der Bewegung der Fall, wenn Latissimus und Bizeps gestreckt sind. Gerade dieser Teil der Bewegung ist aber der wichtigste für den Muskel- und Kraftaufbau. Das ist auch der Grund, weshalb du beim negativen Klimmzug unten im Stretch noch eine Sekunde hängen solltest. Deswegen wird dein Training durch die Hilfe des Bands ineffektiver.

3. Trainingsplanung

Workout 1 

Negativer Klimmzug 3xF

Kniebeuge 2x5

Lat Pulldown 3x10

Bankdrücken 2x5

Bizepscurl 3x12

Workout 2

Negativer Klimmzug 3xF

Kreuzheben 2x5

Lat Pulldown 3x10

Schulterdrücken 2x5

Bizepscurl 3x12


Workout 3

Negativer Klimmzug 3xF

Lat Pulldown 3x5

Bizepscurl 3x7

Workout 4

Negativer Klimmzug 3xF

Lat Pulldown 3x5

Bizepscurl 3x7


3x5 bedeutet, dass du drei Sätze mit jeweils fünf Wiederholungen machst. 3xF bedeutet, dass du drei Sätze mit jeweils so vielen Wiederholungen wie möglich machst, also Training bis zum Muskelversagen.

 

Workout 1 und 2 sind die wichtigsten Einheiten. Wenn du also nur Zeit hast für zwei Workouts die Woche, solltest du Workout 1 und 2 trainieren. Wenn du Zeit für drei oder sogar vier Einheiten hast, kommen Workout 3 und 4 dazu.

 

Die Einheiten sind so aufgebaut, dass du die wichtigste Übung für das Erreichen deines Ziels zuerst ausführst, wenn du noch möglichst viel Energie hast. Das Volumen für die Bewegungsmuster Kniestreckung, Hüftstreckung und Ellenbogenstreckung ist reduziert, so dass dir mehr Kapazitäten im Training und Erholung für dein Hauptziel zur Verfügung stehen.

 

Mehr Informationen hierzu findest du im Artikel ‘Erschöpfungsmanagement’.

4. Körpergewicht

4.1 Muskelmasse

Dein Körpergewicht hat einen erheblichen Einfluss auf deine Fähigkeit, Klimmzüge auszuführen. Dazu zählt nicht nur die Fettmasse.

 

Mehr Muskelmasse im Latissimus, Bizeps und der hinteren Schulter verbessert deine Fähigkeit, Klimmzüge auszuführen, da diese Muskeln aktiv an der Bewegung arbeiten.

 

Mehr Muskelmasse in anderen Muskelgruppen, macht Klimmzüge schwerer, da sie nicht an der Bewegung mitarbeiten, aber mit nach oben gezogen werden müssen.

4.2 Fettmasse

Ein höherer Körperfettanteil bedeutet zusätzliches Gewicht, das während eines Klimmzugs überwunden werden muss. Reduzierung des Körperfettanteils wird daher immer das Ausführen von Klimmzügen erleichtern.

 

Mehr Informationen dazu findest du in den Artikeln ‘Wie viele Kalorien stecken in einem Kilogramm Körperfett und wie wirst du es los?’ sowie ‘Diäten ohne Muskeln zu verlieren’.

5. Weitere Tipps

5.1 Ernährung und Erholung

Achte auf eine proteinreiche Ernährung und ausreichend Schlaf, um die Muskelregeneration zu fördern.

5.2 Regelmäßigkeit

Regelmäßiges Training ist der Schlüssel. Lass keine Trainingseinheit ausfallen und halte dich an deinen Plan.

5.3 Progression

Steigere das Gewicht deiner Übungen immer dann, wenn du stärker geworden bist. Mehr dazu findest du im Artikel ‘Wie hart trainieren?’

5.4 Coaching

Falls du deine Ziele trotz dieser Anleitung nicht erreichen solltest, oder sie so schnell und effektiv wie möglich erreichen willst, lohnt es sich, über professionelles Coaching nachzudenken.

Quellen

[1]  Pallarés JG, Hernández-Belmonte A, Martínez-Cava A, Vetrovsky T, Steffl M, Courel-Ibáñez J. Effects of range of motion on resistance training adaptations: A systematic review and meta-analysis. Scand J Med Sci Sports. 2021 Oct;31(10):1866-1881. doi: 10.1111/sms.14006. Epub 2021 Jul 5. PMID: 34170576. 

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34170576/

 

[2] Schoenfeld BJ, Ogborn DI, Vigotsky AD, Franchi MV, Krieger JW. Hypertrophic Effects of Concentric vs. Eccentric Muscle Actions: A Systematic Review and Meta-analysis. J Strength Cond Res. 2017 Sep;31(9):2599-2608. doi: 10.1519/JSC.0000000000001983. PMID: 28486337.

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28486337/

 

[3] Mike JN, Cole N, Herrera C, VanDusseldorp T, Kravitz L, Kerksick CM. The Effects of Eccentric Contraction Duration on Muscle Strength, Power Production, Vertical Jump, and Soreness. J Strength Cond Res. 2017 Mar;31(3):773-786. doi: 10.1519/JSC.0000000000001675. PMID: 27787464.

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/27787464/